Kanaren – Teneriffa

Nach 43 Hafentagen in der Marina Rubicon in Lanzarote sind wir endlich wieder unterwegs. Mit nordöstlichem Wind und aufgefierter Genua erreichen wir in 25 Stunden das 134 Seemeilen entfernte Teneriffa und suchen uns einen Liegeplatz in der Marina Atlantico, die unmittelbar in City-Nähe der Hauptstadt Santa Cruz de Tenerife liegt.

Der Sturm Delta hat hier sichtbare Spuren hinterlassen, die Stege und „Finger“ zum Anlegen sind zum größten Teil verbogen oder abgeknickt. Mit kreuz und quer verspannten Leinen wird eine gewisse Sicherheit vorgetäuscht. Wir legen uns an den Steg, an dem die Anastasia mit Thomas an Bord sich festgezurrt hat und feiern mit ihm Wiedersehen. Die in der Nacht gefangene Dorade lassen wir uns mit Thomas schmecken. Es wird ein gemütlicher Abend und wir haben uns viel zu erzählen. Die Marina Atlantico bietet außer Wasser und Strom nichts, die sanitären Anlagen sind in einem Container, das Marinabüro in einer Hilfsbaracke untergebracht und der Preis ist höher als in der Marina Rubicon mit all ihren Annehmlichkeiten. Der einzige Vorteil ist, dass es zu Fuß in die Innenstadt nur 10 Minuten sind und unsere Fahrräder auch wieder zum Einsatz kommen. Wir mieten für 4 Tage ein Auto, damit wir die Insel erkunden können.

In der Zitatensammlung des Baedeker Teneriffa (Ein Geschenk zu Helmut’s Verabschiedung von Gerlinde und Herbert) lesen wir die Eindrücke von Alexander v. Humboldt auf seiner Expedition 1799:

„Teneriffa dagegen, gleichsam an der Pforte der Tropen und doch nur wenige Tagereisen von Spanien, hat schon ein gut Teil der Herrlichkeit aufzuweisen, mit der die Natur die Länder zwischen den Wendekreisen ausgestattet. …. Wer Sinn für Naturschönheiten hat, findet auf dieser köstlichen Insel noch kräftigere Heilmittel als das Klima. Kein Ort der Welt scheint mir geeigneter, die Schwermut zu bannen und einem schmerzlich ergriffenen Gemüte den Frieden wiederzugeben, als Teneriffa und Madeira. ….Das Meeresufer schmücken Dattelpalmen und Kokosnußbäume; weiter oben stechen Bananengebüsche von Drachenbäumen ab, deren Stamm man ganz richtig mit dem Schlangenleib vergleicht. Die Abhänge sind mit Reben bepflanzt, die sich um sehr hohe Spaliere ranken. Mit Blüten bedeckte Orangenbäume, Myrten und Zypressen umgeben Kapellen, welche die Andacht auf freistehenden Hügeln errichtet hat. Überall sind die Grundstücke durch Hecken von Agaven und Kaktus eingefriedet. Unzählige kryptogamische Gewächse, zumal Farne, bekleiden die Mauern, die von kleinen klaren Wasserquellen feucht gehalten werden. Im Winter, während der Vulkan (Teide) mit Eis und Schnee bedeckt ist, genießt man in diesem Landstrich eines ewigen Frühlings. Sommers, wenn der Tag sich neigt, bringt der Seewind angenehme Kühlung.
Wir lagern uns am äußeren Rand des Kraters und blicken zuerst nach Nordwest, wo die Küsten mit Dörfern und Weilern geschmückt sind. Vom Wind fortwährend hin und her getriebene Dunstmassen zu unseren Füßen boten uns das mannigfaltigste Schauspiel. Eine ebene Wolkenschicht zwischen uns und den tieferen Regionen der Insel war da und dort durch die kleinen Luftströme durchbrochen, welche nachgerade die von der Sonne erwärmte Erdoberfläche zu uns heraufsandte. Der Hafen von Orotava, die darin ankernden Schiffe, die Gärten und Weinberge um die Stadt wurden durch eine Öffnung sichtbar, welche jeden Augenblick größer zu werden schien. Aus diesen einsamen Regionen blickten wir nieder in eine bewohnte Welt; ergötzten uns am lebhaften Kontrast zwischen den dürren Flanken des Piks, seinen mit Schlacken bedeckten steilen Abhängen, seinen pflanzenlosen Plateaus und dem lachenden Anblick des bebauten Landes ; wir sahen wie sich die Gewächse nach der mit der Höhe abnehmenden Temperatur in Zonen verteilten. Unter dem Piton beginnen Flechten die verschlackten, glänzenden Laven zu überziehen, ein Veilchen (Viola cheiranthifolia), das der Viola decumbens nahe steht, geht am Abhang des Vulkans bis zu 3390 Meter Höhe. Mit Blüten bedeckte Retamabüsche schmücken die kleinen von den Regenströmen eingerissenen und durch Seitenausbrüche verstopften Täler; unter der Retama folgen die Regionen der Farne und auf diese die der baumartigen Heiden. Wälder von Lorbeeren, Rhamnus und Erdbeerbäumen liegen zwischen den Heidekräutern und den mit Reben und Obstbäumen bepflanzten Geländen. Ein reicher grüner Teppich breitet sich von der Ebene der Ginster und der Zone der Alpenkräuter bis zu den Gruppen von Dattelpalmen und Musen , deren Fuß das Weltmeer zu bespülen scheint. …
Umsonst verlängerten wir unseren Aufenthalt auf dem Gipfel des Piks, des Moments harrend, wo wir den ganzen Archipel der glückseligen Inseln würden übersehen können. Wir sahen zu unseren Füßen Palma, Gomera und die Große Canaria. Die Berge von Lanzarote, die bei Sonnenaufgang dunstfrei gewesen, hüllten sich bald wieder in dichte Wolken.“

Dieser sehr zutreffenden Beschreibung Alexander v. Humboldts ist von unserer Seite nichts mehr hinzuzufügen.

 

Die nächsten 3 Tage sind wir dann im Vorbereitungsstress für die Abreise zu den Kapverden und die im Januar anschließende Atlantiküberquerung. Am Schiff muss noch einiges richtig seefest gemacht werden, die Wäsche muss noch gewaschen und vor allem Lebensmittel eingebunkert werden. Erst mal mache ich Inventur und liste auf, wo was bereits gelagert ist. Dann fahren wir dreimal mit dem Mietwagen in verschiedene Supermärkte, um Obst-, Tomaten-, Gemüse und Thunfischkonserven sowie Nudeln, Reis, Müsli und sonstige haltbare Lebensmittel nachzubunkern. Wasser, Säfte und Milch haben wir auch soviel es nur geht eingekauft, weil die Preise auf den Kanaren allemal günstiger sind als auf den Kapverden und in der Karibik. Beim dritten Einkauf sind dann frisches Obst und Gemüse, sowie Frischfleisch an der Reihe. Das koche ich dann wie früher meine Mutter in Twistoff-Gläser (leere Gurkengläser) ein. Diese sind dann ohne Kühlung für Wochen haltbar. Natürlich müssen die Gläser sorgsam mit Folien gegeneinander vor Bruch geschützt werden. Mehrere Portionen Fleisch vakuumiere ich ein, damit wir in der Phase der Wiedereingewöhnung an den Seegang und an die langen Nächte mit Wache gehen schnell was zum Beißen haben. In meinem Haushaltsbuch notiere ich jetzt erst mal alles nach Lagerorten auf, eine Exceltabelle, wieviel von welchem Lebensmittel wir dabei haben, will ich erst noch zusammenstellen, wenn das Schiff wieder ruhiger läuft.

 

Auf Teneriffa nehmen wir die Gelegenheit wahr, unseren Funkfreund Carlo (EA8CS) und seine Frau Lucia in ihrem Domizil zu besuchen.

Lieber Carlo, für Deine Funkbegleitung durch das gesamte Mittelmeer bis zur Karibik möchten wir Dir herzlich danken. Deine Zitronen haben uns bis Martinique so gut mit kostbarem Vitamin C versorgt, dass wir ohne Skorbut den Atlantik geschafft haben.

Am Freitag 16.12. werfen wir dann die Leinen los, nachdem ich doch noch mal schnell mit dem Fahrrad zum Mercado de Nuestra Senora de África gefahren bin, um frische Wurst, Schinken, Ziegenkäse und frisches Brot und einen Weihnachtsstern einzukaufen. Ständig habe ich das Gefühl, dass wir zu wenig dabei haben. An diesem Freitag morgen herrscht in der Stadt Santa Cruz de Tenerife Vorweihnachtstrubel. Überall werden mit den leuchtend roten Weihnachtssternen Grünanlagen, die vom Sturm Delta zerstört wurden, neu angepflanzt und herrliche Dekorationen mit Weihnachtssternen und Beleuchtungen angebracht. Man glaubt gar nicht, wie viele Menschen und Autos es auf dieser Insel gibt. Leider habe ich nicht die Muße, mir das geschäftige Treiben bei einem Cappuccino in Ruhe anzusehen, denn wir wollen ja los. Um 17.00 Uhr ist es dann endlich soweit. Die Tankstelle in Radazul, 6 Seemeilen entfernt, hat um 18.00 Uhr, wie könnte es anders sein, schon geschlossen, und wir können die fehlenden 150 l Diesel nicht mehr nachbunkern. Doch mit den 300 Liter, die wir an Bord haben, kommen wir auf jeden Fall bis zu den Kapverden. Dort können wir die Tanks in jedem Fall nochmal auffüllen.

Bernsteinfarbig steigt der Vollmond am Horizont aus dem Meer auf und unter voller Besegelung mit 6-7 Knoten Fahrt nehmen wir Abschied von Europa. Eine herrliche Kulisse, aber wir haben nicht die Fotoausrüstung um das festhalten zu können.

Kanarische Inseln – Lanzarote
Kapverden – Sal
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