Atlantik-Logbuch 6. bis 10. Tag

 Der Verursacher für das notorische tock-tock, tock-tock Geräusch im Vorschiff ist dann nach 1 Stunden Suche auch gefunden. Der an Deck aufgestellte Spibaum hat in der Halterung immer ein bisschen…
 Der Verursacher für das notorische tock-tock, tock-tock Geräusch im Vorschiff ist dann nach 1 Stunden Suche auch gefunden. Der an Deck aufgestellte Spibaum hat in der Halterung immer ein bisschen hin und her gewackelt und das Geräusch auf das gesamte Schiff übertragen. Wie beim Rodeoreiten ist alles in Bewegung und dabei sollen wir dann frühstücken, Essen kochen und Geschirr abwaschen und sich selbst auch noch sicher festhalten. So viele Hände hat kein Mensch!!! Da ist selbst das Kaffeekochen schon anstrengend. Helmut zu der ganzen Situation: „Wenn ich denjenigen finde, der geschrieben hat, dass Blauwassersegeln schön ist, dann trete ich ihm vors Schienbein!“ Tags über immer wieder eine Mütze voll Schlaf geholt und „Säulen der Erde von Ken Follett“ angefangen zu lesen. Beim gemütlichen Mitternachtsbierchen zum Wachwechsel wagt sich doch tatsächlich eine vorwitzige Welle durch den geöffneten Reißverschluss in der Kuchenbude (Verdeck für die Plicht) herein und duscht mich, da ich am nächsten sitze, mit Salzwasser ab. Die Sitzpolster und ich sind klatschnass. Nochmal gut gegangen, es ist kein Wasser in den Salon gespritzt, da wir die Tür vom Niedergang halb geschlossen hatten. Wir haben ja schließlich aus dem Fiasko vor Sizilien was gelernt!! Etmal 154 sm, so kann’s weitergehen, dann wären wir in 10 Tagen in Martinique.
7. Tag
Ich bin ziemlich genervt und gereizt, weil ich schlecht geschlafen habe. Und dann will Helmut auch noch Heringsfilet in Tomate zum Frühstück ……. wo doch Müsli mit Obst angesagt war. Ich bräuchte mal wieder 8 Hände um alles irgendwie festzuhalten. Dann zerscheppert auch noch meine Kaffeetasse mit der Horber Stadtansicht und ich raste vollends aus. Nach dem Frühstück geht’s dann wieder besser. Duschen in der Plicht wird zum Erlebnis, herrlich, wenn man wieder Tiptop sauber ist. Alle 2 – 3 Tage ein Brot selbst backen wird jetzt zur Pflichtaufgabe, denn solange reicht ein 500 g Brot für uns beide. Backmischungen und Sauerteig vom Bäcker Kipp in Horb, sowie haltbare Hefe haben wir ausreichend aus Deutschland mitgenommen. Ansonsten brauch ich nur noch 350 ml warmes Wasser und Zeit, damit der Teig aufgehen kann.
In der warmen Mittagssonne stellt sich der Erfolg schnell ein und der Teig geht auf das doppelte auf. Dann den Teig nochmal durchkneten und in Form bringen und wieder eine Zeit lang in der Sonne aufgehen lassen, dann 50 Minuten backen und fertig ist ein herrlich frisches Roggenmischbrot, das wir dann am Abend mit Schwarzwälder Bauernbratwurst, Butter, sauren Gurken und Käse gleich mal zur Hälfte wegvespern. Die täglichen Funkrunden, mittlerweile sind es 5 werden so langsam zum Stress, alle 2-3 Std. pünktlich die Funke an, damit kein Termin verpasst wird, ist man nur 5 Minuten zu spät, dann ist „alles schon geschwätzt“ und müsste dann für uns extra nochmal wiederholt werden. Mittlerweile gehen die Funkrunden bis in die Karibik rüber, denn einige sind schon dort (z.B. die Carpe Diem) oder treffen in den nächsten Tagen dort ein (Magic Life), einige Segler sind gerade von den Kanaren losgegangen (Anastasia), die Knaatsche hat in Sao Nicolau/Cabo Verde den Anker gelichtet. Interessiert verfolgen wir über Funk, wie der Seenotfall einer Segelyacht mit einem gebrochenen Ruder 300 sm vor der Karibik abgearbeitet und gelöst werden soll. Etmal 155 sm es ist der helle Wahnsinn!!!!
8. Tag
Entweder haben wir uns so langsam akklimatisiert oder das Geschaukele ist tatsächlich weniger geworden 🙂 . Da die Nacht bis auf 1 Std in jeder Wache sehr ruhig verlief, haben wir die Wache auf 2 x 5 Std. kurzfristig geändert, viel gelesen (Buch ist sehr spannend und vermittelt gute Eindrücke vom Dombau und dem beginnenden Mittelalter), die Zeit vergeht dann wie im Flug. Der Wind hat auf 20 Knoten etwas nachgelassen, wir kreuzen leicht vor dem Wind, da die Passatbesegelung wegen der gerissen Genuafall nicht zu setzen ist. Wir auf dem weiten Atlantik, um uns nur Wasser und Himmel soweit das Auge reicht……. Zum Abendessen gibt es Paprikagulasch (eingedünstet und vorgekocht im Weck-las in Teneriffa) mit Reis. Das anschließende Geschirrspülen ist dann wieder wie einen Sack Flöhe hüten, weil alles ständig hin und her rutscht und sich selbstständig macht. Sooo  v i e l e  Hände kann man gar nicht haben!!!!!  8 Tage ununterbrochen auf See, das ist länger als jede von uns bisher gefahrene Zeit. Etmal 133 sm.
9. Tag
Es ist jetzt nachts so warm, dass wir im Salon noch 26° haben und beim Wachegehen können wir getrost unsere Vlieshosen und Jacken im Schrank lassen. Bei ruhiger See, 15-20 Knoten Wind und 5 Knoten Fahrt haben wir beide gut geschlafen, wieder je 5 Stunden. Es gibt ja auch nachts nichts zu tun, denn die Wettervorhersagen haben beständige Winde angekündigt, keine Segelwechsel und keine Großschifffahrt nichts, rein gar nichts. Der Mond hat uns im Stich gelassen und sich hinter der Wolkendecke zurückgezogen. Noch nicht einmal die Sterne sind richtig zu sehen. Dafür werden wir aber wieder mit einigen kräftigen Squalls abgespült, jetzt müsste auch der letzte Wüstensand von Sal aus den Leinen raus sein.

10. Tag
Unser Tag fängt eigentlich mit der Nacht an. Wir rechnen ab 17.30 Uhr, das ist der Zeitpunkt an dem wir den GPS bei der Abfahrt in Sao Nicolau aktiviert haben, immer 24 Stunden weiter. Dann wird wieder das Etmal abgelesen. Die Nacht war einigermaßen ruhig, zwar einige Squalls, aber höchsten 25 Knoten Wind mit dabei. Das ist bei unser Besegelung: 38 qm Arbeitsfock ausgebaumt und bis zur 1.Saling eingerefftes Großsegel mit Bullenstander festgebunden, damit der Baum nicht aus versehen rüberschlägt, gerade so recht. Wenn der Wind allerdings auf 30 Knoten auffrischen würde, müssten wir die Arbeitsfock durch eine 15 qm Sturmfock ersetzen. Die ist noch nigelnagelneu. Der Vorbesitzer hatte sie aus Sicherheitsgründen dabei. Dadurch, dass die Rollgenua nicht genutzt werden kann, braucht Helmut sich weiter gar keine Gedanken zu machen, ob er nicht doch das eine oder andere Segel setzt oder sonst noch irgendwie an den Segelstellung herumzupfen muss. Er kann ganz entspannt in der Plicht sitzen, denn das Schiff „rennt“ mit 5 – 7 Knoten, je nach Windstärke, nur so dahin. Die Schaukelei ist erträglicher geworden oder doch nicht? Vielleicht haben wir uns auch ganz einfach dran gewöhnt. Kann ich aber nicht so ganz glauben. Den Espresso zum Frühstück bereiten wir mit der „nicht elektrischen Espressomaschine“ zu, schön mit Halteklammern eingeklemmt. Doch selbst das hat heute Morgen nichts geholfen, eine starke Schiffsbewegung nach steuerbord und der ganze Kaffee war über den Herd und bei der nächsten Schiffsbewegung nach backbord über den Teppichboden verteilt. Ich hatte Glück, dass ich noch rechtzeitig zur Seite springen konnte und mir nicht die Beine verbrüht habe. Wie bei einem Rodeopferd, das plötzlich mit allen Vieren hochspringt, hüpft die Sitzbank in der Plicht plötzlich einen halben Meter nach unten. Ohne sich selbst wenigstens mit einer Hand festzuhalten, geht gar nichts. Und dann schneid mal Zwiebeln in Würfelchen ! Der Gurt der mich an den Herd anpickt, ist auch noch nicht so ideal, da die Schwankungen des Schiffes den Herd und die Flammen dann ziemlich nah an mich ran bringen. Dennoch gab es Bratkartoffel mit Zwiebel und Tomaten/Gurkensalat dazu. Sonst gab es keine besonderen Vorkommnisse, Helmut hat geruht, ich habe mehrere Stunden!!! gelesen. Find ich ganz toll, bin zuhause nie dazu gekommen. Vielleicht stellt sich jetzt die nötige Ruhe ein. Wir sind jetzt unter 900 Meilen bis Martinique. Das Etmal betrug 136 sm. Um 10.10 Uhr UTC ist es dann soweit „Bergfest“. Von unserem derzeitigen Standort aus gemessen sind es genau 1060 sm nach Sao Nicolau und 1060 sm bis zur Reede von St. Anne auf Martinique. Die zurückgelegten Meilen betragen 1113 sm, da wir ja nicht auf der Ideallinie fahren, sondern leicht vor dem Wind kreuzen. Das muss gefeiert werden. Helmut hat sich Tafelspitz mit Meerrettichsoße (Kren) und Kartoffel gewünscht. Das Fleisch ist natürlich auch schon vorgekocht im Einmachglas. Ein Bierchen darf natürlich auch nicht fehlen. Etmal 129 sm.

 

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