Da wir keinen Hafenführer für die marokkanische Küste dabei haben, halten wir nach dem Hafenkapitän und/oder der Hafenpolizei Ausschau. Es ist Sonntagnachmittag 16 Uhr und als hätten sie nur auf uns gewartet, winken uns die beiden Offiziellen zum Anlegen an das Fischereischulschiff Al-Manar heran, helfen beim Festmachen der Leinen und stehen auch schon mit 3 Mann an Bord, um die Formalitäten der Einklarierung abzuwickeln. In Marokko spricht man französisch und so bin ich ziemlich gefordert, aber ein wenig Englisch hilft dann bei dem überaus freundlichen Gespräch weiter. Wir hatten zwar gelesen, dass es in Marokko üblich ist, mit Bakschisch die Formalitäten zu beschleunigen, aber dass der Hafenkapitän ziemlich direkt nachfragt, was wir denn so zu bieten haben, ist für uns schon ziemlich ungewohnt. Da wir Marokko gar nicht anlaufen wollten, haben wir natürlich nicht stangenweise Zigaretten oder ungeöffnete Spirituosen als Bakschisch dabei. Da jetzt im Oktober Ramadan ist, lehnen die drei das angebotene kühle Getränk oder einen Tee ab. Mit ein paar Tetrapack Säften und 3 Musterpackungen Zigarillos ziehen sie dann zufrieden ab. Helmuts Joggingschuhe wären für den Hafenkapitän auch noch von Interesse gewesen, wenn Helmut ihm die richtige Größe gesagt hätte. Die Formalitäten sind bei der ganzen Aktion eher Nebensache. 2 Stunden später kommen 2 Beamte vom Zoll an Bord und um 22.00 Uhr abends dann noch der Beamte von Immigration (Einwanderungsbehörde). Die ganze Prozedur mit allen Formularen wiederholt sich also noch 2 Mal. Alle sind hilfsbereit und freundlich. Am nächsten Morgen kommt dann noch der Beamte der Gesundheitsbehörde und wir gehen endlich an Land. Unsere Schiffspapiere hat der Hafenkapitän mitgenommen und unsere Reisepässe sind bei Immigration, wo immer das auch ist!! Wir haben ja einen kleinen weißen Zettel mit Stempel, der uns berechtigt den abgeschlossenen Hafenbereich zu betreten.
In Marokko – Safi
Wir tauchen ein in die überaus laute und geschäftige Menschenmenge, die zu Fuß und mit Handkarren, mit Mopeds, Autos oder kleinen Lieferwagen alle irgendwie etwas zu transportieren haben und auf dem Weg vom Fischmarkt zur Stadt oder zurück sind. Der Fischmarkt im Hafen von Safi ist unbeschreiblich, den muss man sehen und miterleben. Den ganzen Tag über kommen Fischerboote mit ihrem Fang hier an. Die Fische werden in Körben an Land gebracht, auf dem betonierten Boden ausgebreitet und sofort bildet sich eine Menschentraube drum herum, die die Fische ersteigern oder einfach nur zusehen wollen. Wir sehen Fische, die wir noch nie im Leben gesehen haben. Fisch ist hier so billig, dass wir trotz der Dolphin-Fischwoche etwas ersteigern müssen, ein 80 cm Aal 2 kg schwer für 22 Dirham (2,20 Euro). Die Marokkaner sind überwiegend europäisch gekleidet, während dem Fastenmonat Ramadan tragen viele Frauen und auch Männer den typischen Djelaba, der in Safi in verschiedenen Souks (Quartieren) fast ausschließlich von Hand genäht wird. Da gibt eine natürlich auch eine Vielzahl von Stoff- und Garnzubehörläden. Das wäre für die Rittermädels eine wahre Fundgrube. Ich musste mir einfach so ein Kunstwerk kaufen und auch gleich anziehen. Das war wie ein bisschen Ritterspiele im Oktober. Hier gibt es keinen Supermarkt, alles, aber wirklich alles, was man zum Leben braucht, gibt es auf einer Vielzahl von Märkten. Vom Obst, Gemüse, Eier, Brot, Fleisch (die Fliegen sind allgegenwärtig) und lebenden Hühnern, die auf Bestellung ihr Leben lassen müssen, bis hin zur Kleidung und Elektrogroßgeräten wird alles auf offener Straße dargeboten. Die Gewürze, Hülsenfrüchte, Mehl und Getreide stehen in offenen Säcken herum und werden nach Wunsch abgewogen und in Beutel verpackt. Auf offenen Karren werden bergeweise Minze und Kräuter sowie Orangen und Äpfel durch die mit Menschen gedrängt vollen Straßen und Gassen geschoben. Wir haben das Gefühl, dass sich hier in den letzten Jahrhunderten nichts verändert hat. Am späten Nachmittag, kurz vor Sonnenuntergang und dem Ende des Ramadan, verkaufen Frauen an kleinen Tischchen Brot und Crêpes und es herrscht eine Stimmung wie kurz vor Ladenschluss an Heiligabend. Nach Sonnenuntergang darf nämlich wieder gegessen werden und zu diesem Zweck wird alles frisch eingekauft. Auch die auf der Straße aufgebauten Sardinenbratereien haben schon einen Vorrat an frisch frittierten Sardinen angelegt, um dem Ansturm Herr zu werden. Die Menschen sind überaus gastfreundlich und wir werden zweimal zum Ramadanessen eingeladen, von dem wir allerdings nur eine Einladung annehmen können. Hier sind für unsere Verhältnisse die Lebensmittel so billig, dass wir an den 3 Tagen, die wir in Safi sind, immer mit vollen Taschen zum Schiff zurückkehren.
Auf unserem Weg durch die abgelegenen Gassen der Medina wird uns auch klar, warum alles so billig ist. Wir werden das erste Mal mit Armut und Elend, unglaublichem Schmutz und Lebensumständen fast wir im Mittelalter konfrontiert. Die Armut ganzer Familien ist so groß, dass die Frauen mit ihren Kindern für das tägliche Brot auf der Straße sitzend betteln und für jeden Dirham dankbar sind. Für 1 Dirham, das sind 10 Cent können sie schon ein Brot kaufen. Auch sehr viele alte gebrechliche Menschen und Behinderte können ohne Almosen nicht überleben. Den bettelnden Kindern geben wir das eben eingekaufte Brot und die süßen Backwaren. Sie bedanken sich mit strahlenden Augen und einem freundlichen „Bon Jour“.
Am nächsten Morgen weckt uns lautes Rufen, auf der Hafenmauer preist ein Händler seine Ware an, Bongotrommeln und Keramikgegenstände aus Safi, die er gegen gebrauchte Kleidung und Schuhe eintauschen will. 2 T-Shirt, 1 Sweatshirt, 1 wattierte Weste und Helmuts alte Schuhe und die 2 Bongotrommeln wechseln den Besitzer. Wir bleiben nicht die einzigen Touristen in Safi, Nina und Hendrik aus Norwegen mit ihrer 7,80 m Contessa gehen bei uns längsseits. Ihre kleine rot getigerte Katze Luna besucht uns an Bord und genießt den Auslauf im Salon. Wir dürfen mal wieder mit einer Katze schmusen. Aber dabei soll es auch bleiben, denn Tiere an Bord machen zwar sehr viel Freude, aber man hat auch Probleme bei der Einreise in ein fremdes Land.