Rund 860 Seemeilen bis nach Sal, dem nächsten Einklarierungshafen auf den Kapverden, liegen vor uns. Das werden ca. sieben Tage auf See sein. Immer ein paar Tage mehr zum eingewöhnen an die Atlantiküberquerung.
Kapverdische Inseln
-Sal
Es ist nur wenig Wind vorhergesagt, aber wir haben ja eine gute Wetterberatung durch Klaus von Intermar, der uns detailliertes Streckenwetter rüberfunkt. Am 1. Tag auf See schreie ich entsetzt aus dem Salon heraus: „Wir haben Wasser unter den Bodenbrettern im Salon.“ Das ist der Wahnsinn, wo kommt das denn her, haben wir irgendwo ein Leck? Wir suchen alles ab und es stellt sich heraus, dass über den Schlauch der Bilgepumpe, die Helmut in Lanzarote nochmal neu eingebaut hatte, Wasser wie mit dem Dochteffekt angesaugt und ins Schiff gedrückt wurde. Unterstützt wurde das Ansaugen durch die Schaukelbewegung des Schiffes. Helmut bringt die Bilgepumpe wieder in Gang, danach wird der Teppichboden trockengelegt. Anschließend ist es uns dann beiden vom Arbeiten in der Bilge bei stark schaukelndem Schiff erstmal richtig schlecht. Essen fällt bis auf ein dünnes Gemüsesüppchen aus. Aber wir haben ja was zum Zusetzen auf den Rippen. Nach einem sehr schnellen (7-8 Knoten – Etmal 135 Sm) am ersten Tag auf See hat der Wind nachgelassen und wir überbrücken das Windloch mit Dieselwind. Wegen der Schwachwindzone gehen wir auf einen Kurs, der näher an der afrikanischen Küste entlangführt, wir haben ein herrliches Windchen mit leicht gekräuselter Atlantikdünung. Der Blister steht nicht, also setzten wir den Spi. Das ist richtig viel Arbeit, eine ¾ Stunde sind wir mit dem Segelwechsel beschäftigt. Nach 13 Stunden, es ist 1.00 Uhr nachts löst sich dann der Achterholer aus der Spibaumnock und der Spinnaker fängt an zu steigen, der Wind nimmt auch noch zu und jetzt wird es hektisch, das Biest lässt sich nicht mehr mit dem Bergesack herunterholen. So ein Mist, wir lösen die Spifall und die ganze Pracht rauscht nach unten. Natürlich können wir nur einen Teil des Tuchs einfangen, der Rest legt sich um den Bug und schwimmt im Wasser. Ganz schön schwer, wenn man 135 qm nasses Tuch unter dem Bug rausziehen will, ohne es zu zerreißen. Aber auch das geht vorüber. Am 22.12. haben wir dann so richtig Anglerglück und fangen wieder eine große Dorade. Am 23.12. erreichen wir beim ersten Sonnenlicht Palmeira auf Sal.
Der Heiligabend verläuft entgegen unserer Tradition so ganz anders. In einer Viertelstunde ist vollkommen stressfrei für mich der „chinesischen“ Weihnachtsbaum aufgestellt, wir baden anschließend im Atlantik und unternehmen dann einen „Landausflug“ in das alles andere als liebreizende Palmeira. Ein ziemlich trostloser Ort, dennoch auffallend viele fröhliche, gut genährte „kleine Negerlein“ einfach süß und sehr viele junge Menschen. Da der Flugplatz und die Raffinerie, sowie der Umschlaghafen hier in Palmeira/Sal sind, gibt es nicht so viele Arbeitslose. Ein gewisser Lebensstandard ist somit sichergestellt, erzählt uns der Trans-Ocean Stützpunktleiter Carlos, der hier seit einigen Jahren lebt und so ein wenig die „Rotkreuzstation“ betreibt und für die Einheimischen und Blauwassersegler Helfer und Ansprechpartner in allen Lebenslagen ist. Am Nachmittag wollen wir dann nur eine Kleinigkeit essen, aber bei den Verständigungsproblemen (eine Sprachmischung aus Portugiesisch und Kreolisch) bekommen wir dann jeder einen sehr leckeren roten Fisch mit Pommes, Reis und 2 Fanta und das für umgerechnet 11 Euro. Aus diesem Grunde fällt dann abends das traditionelle Weihnachtsfondue aus und wir verschieben es auf den 1. Weihnachtsfeiertag. Für die Bescherung haben wir dann die von unseren Kindern und Schwiegerkindern schon im November so liebevoll vorbereiteten Geschenke auf dem Tisch ausgebreitet und bei Kerzenlicht genüsslich ausgepackt. Aus dem Regionalradiosender Capo Verde erklingt karibisch angehauchte Steelbandmusik und bei 30° in der Plicht fängt die Butter an zu schmelzen, es ist alles so ganz anders als daheim in Deutschland.