Kuna Yale

Die Comarca Kuna Yala liegt auf dem Isthmus von Panama und reicht von Portobello aus nach Osten bis zur kolumbianischen Küste. Das Gebiet umfasst ein Band aus Regenwald, das sich…

Die Comarca Kuna Yala liegt auf dem Isthmus von Panama und reicht von Portobello aus nach Osten bis zur kolumbianischen Küste. Das Gebiet umfasst ein Band aus Regenwald, das sich 200 km entlang der Atlantikküste erstreckt, sowie den San Blas Archipel mit 365 Inselchen, die von weißen Sandstränden und prachtvollen Korallenriffen umgeben sind. Ca. 47.000 Kunas leben hier, die Bezeichnung San Blas Inseln hört man nicht gerne, weil die Namensgebung auf den Heiligen Blasius und auf die Entdeckung durch Columbus zurückzuführen ist und sie an dieses gewaltsame Kapitel in der Geschichte der Kunas nicht gerne erinnert werden wollen.

Türkisblaues Wasser, hohe Kokospalmen am weißen Sandstrand, das Meer brandet schäumend gegen die Riffe vor Isla de Pinos. Was erwartet uns hier? Sind wir hier im Paradies angekommen? Nach dem 36 Std. Törn von Cartagena zu den San Blas Inseln vor Panama fühlen wir uns wie im Paradies. Das Wasser ist klar und sauber, keine braune ölige Brühe wie vor dem Club Nautico in Cartagena, kein Motorenlärm der Verladekräne im  betriebsamen Containerhafen von Cartagena, himmlisch diese Ruhe. In der Bucht fischen einige Kuna Indianer mit ihren Ulu’s, so heißen die Einbäume in der Kunasprache. Es dauert nicht lange, da kommt auch schon ein Einbaum an unser Schiff heran und ein Kunaindianer begrüßt uns auf spanisch: „¡Buenos días! ¿Cómo estás?“ Brav antworten wir: „Muy bien.“ Und dann macht er uns klar, dass wir 10 US$ Ankergebühr bezahlen müssen und dafür auch eine Quittung bekommen. Wenn wir dann ins Dorf hinüber kommen wollen, dann müssen wir uns als allererstes beim Saila, dem politischen und religiösen Führer des Dorfes, im Congreso Haus vorstellen. Ohne die Zustimmung der Sailas geht in Kuna Yala und hier im dorf Tupbak gar nichts. Aahaa, alles klar, das Paradies gibt’s nicht kostenlos und hat seine eigenen strengen Gesetze!

Landgang am nächsten Morgen, wir tauchen ein in eine uns fremde Kultur, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Horatio, ein 70-jähriger Kuna-Indianer, der englisch spricht, führt uns zum Congreso Haus zu den 3 in ihren Hängematten schaukelnden Sailas, die alle einen Hut auf dem Kopf haben. Das Congreso Haus wird in jedem Dorf als Versammlungsraum genutzt und ist immer die größte der Hütten mit Sitzbänken wie in einer Kirche. Wie alle anderen Hütten des Dorfes wird sie nur aus mit Lianen des Regenwalds zusammengebunden Holzstämmen als Stammgerüst gebaut. Die Dachbedeckung besteht aus dicht geschichteten Palmblättern und die Seitenwände bestehen aus mit Lianen eng verknüpften dünnen Bambusstangen.

Die Sailas begrüßen uns und fragen sehr interessiert, wie wir heißen, wo wir herkommen, wo wir hinwollen und was denn so ein Schiff kostet. Horatio übersetzt für uns, denn die Sailas sprechen meist nur die Kunasprache. Ganz wichtig ist für sie, dass wir unsere Ankergebühr und auch die Gebühr für die Besichtigung des Dorfes bezahlt haben, denn dieses Geld geht in die Gemeinschaftskasse. Sollten wir einen Ausflug über die Insel machen wollen, so kostet das noch mal 2 US$ pro Person extra. Die berühmten Molas können bzw. dürfen nur im Congreso gekauft werden. Alle Frauen des dorfes bringen dann ihre Molas zum Anschauen und bieten sie zum Verkauf an. Das finde ich eine ziemlich gerechte Sache, doch wie überall auf der Welt gibt es einen Schwarzmarkt, ich kaufe meine erste Mola für 10 US$ bei der Frau unseres Inselführers, die 5 kleine Kinder hat. Beim Spaziergang durchs sauber gefegte Dorf Tupbak werden wir von allen Seiten von den Kindern und Erwachsenen mit einem herzlichen ¡Hola! begrüßt. Nachdem Helmut dann den Fotoapparat zückt, wird er von den Kindern regelrecht bedrängt, doch ein Foto von ihnen und ihren „amigos“ zu machen. Alle würden am liebsten die Bilder in Papierform haben, damit man sie herumzeigen kann. Die Frauen sind da eher scheu und zurückhaltend oder verlangen gleich 1 Dollar fürs fotografiert werden. Doch gerade sie sind ein Foto wert, traditionell gekleidet in ihren kunstvoll gestickten Molakleidern, Wickelröcken, roten Kopftüchern und eng gewickelten Perlenketten um Arme und Beine, dem goldenen Nasenring und der aufgemalten schwarzen Stirnlinie sind sie anmutig anzusehen.

Gerne zeigt uns Horatio seine Hütte. Die Kunas leben sehr auf ihre Traditionen bedacht im Familienverbund in einfachen, aber zweckmäßigen Hütten so wie vor hundert Jahren. Es gibt eine Hütte fürs Kochen, ein offenes Feuer dient als Kochstelle. Sehr praktisch werden 4 Baumstämme immer ein Stückchen weiter ins Feuer geschoben, auf diese Weise erspart man sich das Holzspalten. In einer weiteren Hütte wird in Hängematten geschlafen, die Kleider hängen über den Querbalken der Hütte, Möbel gibt es, von ein paar Plastikstühlen abgesehen, keine. Zum Waschen und Duschen ist außerhalb der Hütte ein Bereich mit Palmblättern als Sichtschutz abgegrenzt. Das benötigte Trink-/Süßwasser kommt über eine Leitung vom Festland und wird im Wasserturm gespeichert. Über Plastikleitungen wird es ins Dorf geführt und kann an verschiedenen Stellen zu festgelegten Zeiten, z.B. morgens für 2 Stunden entnommen werden. Um die Ernährung etwas abwechslungsreicher zu gestalten, werden Hühner in Verschlägen aus Bambusstangen gehalten. Jede Familie zieht ein oder mehrere Schweine groß, die praktischerweise auf einem Gestell aus Bambus am Ufer über dem Wasser untergebracht sind. Das hat den Vorteil, dass der Mist täglich mit einem Eimer Salzwasser ins Meer weggespült wird – eine saubere geruchsfreie Tierhaltung. Auch die Toilettenhäuschen sind über dem Wasser installiert und das Meer schwemmt die Fäkalien weg. Auffällig ist, dass so gut wie kein Plastikmüll herumliegt, weil man sich von dem ernährt, was die Natur hergibt –  Zucker, Reis und Mehl müssen zugekauft werden. Mit unserem an Bord produzierten Müll haben wir da ein Problem und müssen, wie in Deutschland, den Müll trennen: Biomüll fliegt ins Meer, leere Bier-Dosen sammeln wir extra, das bringt den Indianern Geld fürs Recyceln, Papier und Pappeverpackungen geben wir ab, damit es zusammen mit den fasrigen getrockneten Kokosnussschalen in den Küchenhütten verfeuert wird, da bleibt dann noch die leidigen Plastiktüten und Mischverpackungen, die werden dann an Land verbrannt.

Nach ein paar Tagen ziehen wir weiter nach Mamitupu, einem Inseldorf mit 1200 Einwohnern, davon sind 400 Kinder. Das Prozedere mit Congreso und Saila wiederholt sich, allerdings kostet die Ankergebühr hier nur 5 US$. Auf der Insel gibt es eine Grundschule, eine mit Solarstrom betriebene Telefonzelle von „Cable and Wireless“ und das unvermeidliche Volleyballspielfeld für die Jugendlichen. Dicht gedrängt stehen die Hütten an den schmalen tiptop sauberen Lehmwegen. Pablo Peréz hat hier nicht nur eine Kooperative zur Herstellung von Kokosseife gegründet, sondern auch eine kleine Ferienanlage im Original – Kuna – Style gebaut. Die beiden Gäste aus Kanada sind gerade heute Morgen mit dem Kleinflugzeug von Panama City herübergeflogen und auf dem Airstrip im Regenwald gelandet. Mit einem motorisierten Ulu sind sie dann von Pablo auf die Insel gebracht worden und beobachten von der Hängematte aus interessiert das Leben um sie herum. Zum Festland sind es von der Insel aus nur ein paar hundert Meter. Während die Frauen im Dorf sich um die Hausarbeit und die Kinder kümmern, in jeder freien Minute fleißig an ihren Molas sticken, rudern die Männer mit dem Ulu hinüber zum Festland. Dort haben die Sailas jeder Familie eine Fläche des Regenwaldes zugeteilt, die bearbeitet, gepflegt und abgeerntet werden darf. Eine ganz schön anstrengende Arbeit bei der feucht schwülen Luft mit nur einer Machete als Handwerkszeug. Neben den Kokospalmen werden Bananen, Papaya, Ananas, Brotfrucht, Yams, Yukka und Heilkräuter angebaut bzw. brauchen nur geerntet zu wrden. Einige Kunas fischen in der Lagune oder segeln mit dem Ulu weit hinaus aufs offene Wasser, um etwas größere Fische zu fangen. Die Besegelung besteht nur aus einer Stange als Mast und zwei einfachen Tüchern, die mit Leinen gehalten werden. Die Stange steht einfach nur auf dem Boden des Ulu und kann zur Seite gelegt werden, wenn die Besegelung nicht gebraucht wird. Auf dem Rückweg zur Insel kommen sie bei uns vorbei und bieten uns Fische, Früchte und Gemüse zum Kauf an, was wir gerne annehmen, denn frisches Obst ist immer eine willkommene Abwechslung im Speiseplan. Das was wir ihnen abkaufen, müssen sie nicht mehr an der zentralen Meldestelle am Ufer – mit weißer Fahne gekennzeichnet – als Ernte anmelden und brauchen dafür auch keine Abgaben zu leisten.

Selbst im Paradies gibt es Steuern und Abgaben!

Unsere Position auf Google Maps
Auf dem Muli durch die Anden
„Oh wie schön ist Panama“
Hier gibt es noch mehr