Gibraltar

Der Europa-Punkt ist dreiseitig von Wasser umgebene bebaubare Fläche, von Land- und Seeseite besonders ins Auge. Aus demselben Grund war es jahrhundertelang von großer nautischer und strategischer Bedeutung für die Passage zwischen Mittelmeer und Atlantik und den Übergang vom nordafrikanischen zum südeuropäischen Festland.
Bild: Leuchtturm Europapunkt

Aus den berechneten 270 sm bis Almerimar werden 320 sm, die längste Etappe unserer bisherigen Reise mit fast 3 Tagen und 3 Nächten. Es kommt mal wieder alles anders, als vorausgeplant. Nach anfänglich wenig Wind, gegen den wir aufkreuzen müssen, schläft er in der 1. Nacht dann vollständig ein und wir fahren ein paar Meilen mit dem Motor weiter.

Irgendwie kommen wir nicht richtig voran und haben dabei auch noch das Gefühl, dass etwas in der Schraube hängt. Also, Motor wieder aus. Helmut will trotz der Dunkelheit runtertauchen und nachsehen. Wir leuchten das Wasser ab und sehen hunderte von kleinen, weiß-gelblichen Quallen mit meterlangen Tentakeln um uns herumschwimmen. Der Tauchgang zur Schraube wird sofort verschoben, den würde Helmut wahrscheinlich nicht überleben. Nirgends im Mittelmeer haben wir so unglaublich viele Quallen auf so wenig Quadratmetern Wasser gesehen.

Wir liegen 3 Stunden still, ohne Segel im vollkommen ruhigen Wasser, „ankern“ auf 1000 m Wassertiefe!

In der 2. Nacht geht es dann richtig rund. Auf der Höhe von Mar Menor, 55 sm vor der spanischen Südwestküste, überrascht uns dann nachts um 3.00 Uhr ein nicht vorhergesagter Gewittersturm mit Spitzengeschwindigkeit bis zu 40 Knoten, das ist Windstärke 8-9. Heftige Gewitter toben rundum uns herum und Blitze erhellen den Himmel. So etwas haben wir beide bis dahin noch nicht erlebt und sind froh, dass wir unsere Besegelung noch schnell genug reffen konnten. Vor dem Wind laufen wir mit Motorunterstützung ab. Die sich anschließend aufbauende Welle kommt zwar von achtern, aber sie schaukelt uns dermaßen durch, dass ich/wir immer wieder denken müssen: „Haben wir das eigentlich so gewollt? Wir könnten jetzt so gemütlich in unserer Wohnung vor dem Fernseher liegen und nachts in einem nicht schaukelnden Bett herrlich schlafen.“ Statt dessen gehen wir im 3 Stunden Rhythmus Wache, halten in der stockdunklen Nacht Ausschau nach anderen Schiffen, verkeilen uns beim Schlafen in der engen Lee-Koje und hoffen, dass diese abartige Schaukelei bald eine Ende nimmt. Aber es geht noch 9 Stunden so weiter. Endlich kommt die schrecklich trostlose spanische Südküste mit den mit Plastikplanen abgedeckten Tomatenfeldern in Sicht. Hier werden also die billigen spanischen Tomaten angebaut, die wir im Supermarkt kaufen können. Kaum haben wir in der ruhigen Marina Almerimar am Steg festgemacht, befällt uns die unter Seglern hinlänglich bekannte „Hafen-Alzheimer“: Alle Widrigkeiten, die Unbequemlichkeiten und die Strapazen sind sofort vergessen. „Natürlich setzten wir unsere Reise fort, am besten gleich am nächsten Morgen, weil ja der Wind nach Gibraltar gerade morgen ausgesprochen günstig bläst.“

Die Marina in Almerimar ist ein guter Zwischenstopp auf dem Weg nach Gibraltar, denn es gibt in unmittelbarer Nähe des Hafens eine gute und günstige Wäscherei, Yachtzubehör-Händler, Restaurants und im nahe gelegenen Supermarkt Mercadona kann man preiswert gute Lebensmittel, Frischfleisch, Obst, Gemüse und Getränke einkaufen.

Nach rund 2000 Seemeilen erreichen wir Gibraltar

Here are all things „very british“ …nach einer ruhigen Überfahrt mit „Dieselwind“, der versprochene Wind mit 10-15 Knoten aus Südost ist leider nicht wachgeworden, umrunden wir am Freitagabend 30.09.05 im letzten Tageslicht Europapoint und ankern unter dem „Affenfelsen“ von Gibraltar in der Ankerbucht vor der Marina Bay. Bei unserer Felsen-Tour erleben wir die wildlebenden, aber sehr zutraulichen berühmten Berbermakaken (Affen) von Gibraltar aus nächster Nähe, besichtigen die historischen Tunnel der großen Belagerung von 1779-83 und die 300 m über dem Meeresspiegel gelegene St. Michaelshöhle. Vom höchsten Punkt unseres Ausflugs haben wir einen einmaligen Rundumblick auf 2 Kontinente (Afrika und Europa) und 2 Meere (Atlantik und Mittelmeer)..

Gibraltar-Rock-Wolke

Die Crews der SY Aledia und der SY Anastasia verabschieden uns mit einem Umtrunk und Abschiedswinken

Für die Straße von Gibraltar gibt es einen extra Pilot-Chart, Wind- und Wellenrichtung und der Tidenstrom müssen genau zusammenpassen, damit ein so schwach motorisierten Schiff wie das unsere in den Atlantik hineinsegeln oder durch die Straße motoren kann. Die Wettervorhersagen bringen uns leider kein passendes Wetterfenster, um die 630 sm nach Lanzarote segeln zu können. So bleiben wir 12 Tage vor Anker liegen, lernen die Crews der Aledia und der Anastasia kennen, die so wie wir auf den passenden Wind warten. Erfahrungen werden ausgetauscht und Taktiken für die Durchfahrt der Straße durchgesprochen, wir bunkern noch 2 Camping-Gaz-Flaschen, weil es keine Möglichkeit zum Füllen unserer amerikanischen Gasflaschen gibt. Ein letztes Mal kaufen wir im Lidl deutsches Dosenbier ein und das Frischfleisch konserviere ich in Einweckgläsern und leeren Schraubdeckgläsern, wie früher bei Muttern. Die Mahi Mahi mit Skipper Charly, den wir von Monfalcone kennen, trifft mit seiner Chartercrew ein und wir feiern das Wiedersehen.

Nach seinen Wettervorhersagen ist der nächste Tag Donnerstag, der 13.10. der richtige Tag zum weiter reisen und er muss es ja wissen, wenn er schon 30 mal durch die Straße von Gibraltar durchgefahren ist. Wir vereinbaren mit den 3 Crews, dass wir uns während der Überfahrt nach Lanzarote täglich morgens und abends auf einer Seefunkfrequenz treffen, um das Wetter etc. auszutauschen. Morgen geht es los! Ein bisschen unruhig bin ich schon, Atlantik wir kommen!

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