Wildes Bullenreiten nach Palmerston

Schon der Start am Vormittag um 11.40 Uhr ist übel, Nieselregen, schlechte Sicht und 3,5 Meter hoher, alter Schwell der letzten Woche und dadurch heftiges Rollen bei nur 12-15 Knoten Wind. Wahrlich kein schöner Abschied von Bora Bora.

10. September bis 12. September 2008:

Am Nachmittag jagt ein Regenschauer den nächsten, der Wind frischt auf 25 Knoten auf. Eine Riesenwelle überspült uns von backbord und trotz geschlossener Kuchenbude schwappt das Salzwasser in die Pflicht, alle Sitzpolster sind triefnass, wir natürlich auch. Alles ist feucht, wir frösteln und die Stimmung sinkt auf den Nullpunkt. Im Abstand von 6 Meilen passieren wir südlich die letzte der Gesellschaftsinseln, Maupiti. Sehen können wir bei diesem diesigen Wetter nur die Silhouette der hohen Berge. Maupiti ist vom Tourismus weitgehend unberührt, nur wenige Jachten wagen sich durch den korallenreichen flachen Pass, in dem meist eine starke Strömung mit 6 Knoten steht, mit unserem Tiefgang zu problematisch und bei den momentanen Wetterbedingungen sowieso nicht machbar. Bei den heftigen Schiffsbewegungen ist an Kochen nicht zu denken, ich bin froh, dass ich Gulasch und Reis vorgekocht habe, das jetzt nur noch aufgewärmt werden muss. Wir löffeln unser Abendessen aus dem Topf, in der Nachtwache lassen wir uns von den Hörbüchern „Das Jesusvideo“ und „Ich bin dann mal weg“ von Harpe Kerkeling von den widrigen Segelbedingungen ablenken. Auf unserem Kurs liegen noch einige kleinere Riffe und Atolle, so auch Mopelia, das wir am nächsten Morgen im 10 Meilen Abstand südlich umfahren. Am Horizont ist nur eine winzige Palmenkette zu erkennen. In dieses Atoll kann man nicht hineinfahren, das Saumriff hat keinen ausreichend tiefen Pass. Bekannt wurde dieses Südseeatoll, weil der deutsche Hilfskreuzer Seeadler mit Kapitän Graf Luckner hier aufs Riff driftete und sank. Bei strahlend blauem Himmel dreht der Wind auf 35 Knoten hoch, wir müssen reffen. Für mich heißt das, dass ich mit eingerollter Fock unter Motor in die 3,5 bis 4 Meter hohen Wellen hineinfahren muss, damit das Segel absolut keinen Druck mehr hat. Helmut hangelt sich bis zum Mast vor, klemmt sich dann zwischen Mastkorb und Mast fest und versucht das Segel in den Baum einzurollen. Die Baumrolleinrichtung von Sailtainer ist so ziemlich das beschissenste Reffsystem das es gibt. Nur bei exakter 90-Grad-Stellung des Großbaums zum Mast und mit flatterndem Segel lässt sich das Segel mit enormer Kraftanstrengung in den Baum einrollen. Eine Reffeinrichtung für Schönwetter, wenn man sie eigentlich nicht braucht. Nachdem wir wieder auf Kurs sind tobt dann 2 Stunden lang ein Sturm mit bis zu 45 Knoten Wind. Das Wasser wird horizontal über die sich brechenden weiß schäumenden Wellenkämme gefegt. Von Raumschots rollen bis zu 4,5 Meter hohe Wellen bedrohlich nah an uns heran, gehen unter dem Heck durch, heben es an um anschließend das Schiff nach steuerbord bis zum Süllrand ins Wellental hineinzudrücken. Dann geht das Spiel von vorne los, das ist überhaupt nicht mehr lustig und ich frage mich, warum wir uns eigentlich diesen Wahnsinn hier antun? Meine Nerven liegen blank, ich bin so weit, dass ich in Neuseeland mit dieser blöden Segelei aufhören will. Dann streikt auch noch der Gasherd, sodass wir nicht mal eine heiße Suppe machen können. Der Gasfernschalter blockiert die Gaszufuhr und bei den heftigen Schiffsbewegungen kann Helmut auch nicht im Ankerkasten danach schauen. So bleibt die Küche eben kalt. Aus dem restlichen vorgekochten Reis zaubere ich einen reichhaltigen Salat á la Nuku’alofa, zum Frühstück muss Helmut anstelle von heißem Kaffee mit kalter Milch und Müsli vorliebnehmen. Mit dem lauwarmen Wasser, das nach dem Motorlaufen aus dem Boiler kommt weichen wir die schnellen Chinanudeln ein und haben dann ein Mittagssüppchen – lauwarm. Zum Glück hatte ich am Mittwochabend noch ein Brot gebacken, so, dass wir auch noch Vespern können. Man macht sich so gar keine Gedanken darüber, was man essen kann, wenn der Gasherd nicht funktioniert. All das frische Fleisch hat man dann zwar im Kühlschrank, kann es aber nicht wirklich verarbeiten. Ganz klar, Wurst, Obst und Gemüse aus der Dose kann man kalt essen und die Notfallreserve an Dosenbrot hat man ja auch noch, also verhungern würde man nicht gerade. Aber die Stimmung an Bord ist ohne warmes Essen nicht gerade fröhlich.

Unsere Position auf Google Maps
Warten – Viel Zeit in Bora Bora
Gemütliches Passatsegeln
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