Sonntag, 17.09. , pünktlich um 11 Uhr sind wir abmarschbereit, das Schiff ist für die Abwesenheit gut vertäut, die Kühlschränke, bis auf den mit dem Schwarzwälder Speck und Schinken, sind leergeräumt, Sprayhood und Regendächle gut verzurrt und der Marinero Manuel ist informiert, dass wir die nächsten 10 Tage nicht an Bord sind und er das Schiff „im Auge“ behalten soll. Die beiden Rücksäcke sind gepackt und die Tasche mit dem Vesper gerichtet. Heute läuft alles wie am Schnürchen, der Taxifahrer Andreos, er spricht englisch, steht entgegen venezuelanischen Gepflogenheiten pünktlich am Tor und bringt uns zum Terminal de Pasajeros, dabei gibt er uns noch wertvolle Tipps, was wir uns in Merida unbedingt ansehen müssen. Es ist heiß, heiß und noch mals heiß. Beim Gepäckverladen, das pünktlich um 12.15 Uhr beginnt, herrscht ziemliches Gedränge und wir freuen uns schon auf den klimatisierten, modernen Überlandreisebus mit Liegesitzen. Unsere Sitzplätze auf dem „Oberdeck“ in der 2. Reihe ermöglichen uns, in den ersten 6 Stunden der insgesamt 19-stündigen Fahrt, eine gute Aussicht auf die abwechslungsreiche tropische Landschaft Venezuelas. Die Fahrstrecke, bis Merida sind es immerhin 1000 km, führt von Porto la Cruz entlang der lagunenreichen flachen Küste über Barcelona, Clarinas, Guarenas nach Caracas, das in den frühen Abendstunden in ein Lichtermeer und Verkehrschaos getaucht ist. Im bereits bergigen Landesinnere, in Valencia, stoppt der Bus noch mal um Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen. Danach wird es ruhig im Bus und sehr empfindlich kalt, da die Klimaanlage weiterhin mit voller Leistung läuft, aber die Außentemperatur merklich zurückgegangen ist. Obwohl wir vorgewarnt wurden, haben wir mit einer solchen „Kühlhaustemperatur“ dann doch nicht gerechnet und trotz Vliesjacken richtig gefroren. Hätten wir jetzt bloß die Vliesdecken, die wir im Schiff zurückgelassen haben. Beim nächsten Zwischenstopp in Barquisimeto steigen wir zum Aufwärmen aus, die Temperaturen draußen sind 10° höher als im Bus!!
Am Montag erreichen wir um 8.00 Uhr morgens die auf einem Hochplateau gelegene Andenmetropole und Universitätsstadt Merida. Am Terminal de Pasajeros informieren wir uns gemeinsam mit Axel und Marja über die Übernachtungsmöglichkeiten in den Posadas und was man unbedingt gesehen haben muss, während die andere Hälfte der Reisegruppe, Hansruedi, Vreni, Christoph und Marianne in die bereits per Internet vorgebuchte Posada „Casa Alemana-Suiza“ fahren. Schnell haben auch wir im Hotel Italia eine brauchbare Unterkunft mit Dusche und Toilette für 25.000 Bs gefunden und sind zudem nur 300 Meter vom Plaza de Bolivar, dem Zentrum der Stadt entfernt, das wir unverzüglich erkunden.
Dienstag, 19.09.,
wir unternehmen einen Ausflug auf „eigene Faust“ mit dem por puesto (Sammeltaxi) vom Terminal de Pasajero aus zum 30 km entfernten Bergdorf Jaji. Der Fahrpreis beträgt 2300 Bs pro Person einfache Strecke. Auf der schmalen, aber asphaltierten Straße, kutschiert uns der Fahrer auf 1781 m Höhe, wo uns ein Bergdorf wie aus dem Reiseprospekt erwartet. Eine handvoll weiß gestrichener Häuser mit farbigen Verzierungen, eine Posada Jaji mit Restaurant, die Polizeistation und die gut erhaltene Kirche sind um den unvermeidlichen Plaza de Bolivar herum angeordnet. In den kleinen Läden wird handwerkliche „Kunst“ aus den Anden oder auch aus „Taiwan“ angeboten, die herrliche Bergluft und die wunderbare Aussicht in das Tal des Rio Chama sind aber auch hier kostenlos. Aus der 1,5 km langen Wanderung zur Kaffeeplantage Hacienda el Carmen (www.haciendaelcarmen.com.ve) werden schließlich 3 km. Doch der Weg hat sich gelohnt, die Hacienda wird heute auch als Posada auf gehobenem Niveau und als Kaffeemuseum genutzt. Sie wurde sehr liebevoll restauriert. Bei der sehr informativen Führung durch die Räume und die Kaffeeanbauflächen erfahren wir, dass in Venezuela der Kaffee im „Schattenanbau“ durchgeführt wird, das heißt die Kaffeepflanzen wachsen im Schatten von Bäumen und Bananenstauden heran, es wird daher keine Bewässerung benötigt und die Mischkultur laugt den Boden nicht so aus. Die ungewöhnlichen Bärte an den Bäumen (barba de palo) sind keine Schmarotzerpflanzen, sondern nehmen ihre Nahrung allein aus dem Wind und schützen damit gleichzeitig die Bäume vor dem ständig herrschenden Wind. Wir dürfen diesen Hochlandkaffee natürlich verkosten, er ist sehr aromatisch und wohlschmeckend. Das wir uns von diesem herrlichen Kaffee etwas mitnehmen, ist ja klar. Bevor wir mit dem por puesto nach Merida zurückkehren, lassen wir uns in Jaji, in der Posada Jaji, noch die Forellen mit Ajo (Knoblauch) schmecken, für die Jaji bekannt ist.
Beim anschließenden abendlichen Bummel durch Merida machen Renate und Marja, ganz zum Leidwesen von Helmut und Axel, ihre Ankündigung wahr, dass man sich ruhig mal ein paar andere Posadas ansehen und über deren Ausstattung und Preise informieren kann und sollte! Wir finden schließlich die Posada Mara, die nur 50 Meter vom Parque de las Heroinas und der Teleférico-Talstation entfernt ist. Der Preis mit 30.000 Bs fürs Zimmer mit Dusche und Toilette ist preisgünstig, es ist familiär, sauber und angenehm. Venezuelanische Familien wohnen in einem solchen Zimmer mit 4 Erwachsenen und 3 Kindern (selbst gesehen). Ein solches Zimmer hat als Standardausstattung ein Doppelbett, 2 Etagenbetten und eine herausziehbare Matraze. Da Hansruedi für Mittwoch/Donnerstag die zweitägige Tour mit Übernachtung im Kloster los Frailes geplant hat, lassen wir uns für Donnerstag und Freitag jeweils ein Zimmer reservieren.